Über die Adoption ihres Sohnes Daniel aus den USA im Dezember 2008 berichtet Familie V. aus Niederösterreich.

2009

Über die Adoption ihres Sohnes Daniel aus den USA im Dezember 2008 berichtet Familie V. aus Niederösterreich.
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Bitte beachten Sie, dass alle „Länderberichte“ die Adoptionsmöglichkeiten zum Zeitpunkt des Interviews wiedergeben und sich die Gegebenheiten in den Herkunftsländern immer wieder verändern. Wir können daher nicht garantieren, ob Adoptionen unter den beschriebenen Bedingungen zurzeit möglich sind. (red.)

Wie kam es, dass Sie die USA als Adoptionsland in Erwägung gezogen haben und warum haben Sie sich letztlich dafür entschieden?

Im Rahmen der Suche nach einem möglichen Adoptionsland hatten wir unter anderem einen Termin mit der für Auslandsadoptionen zuständigen Dame im Verein „Eltern für Kinder Österreich“ (EFKÖ) in Wien. Dort wollten wir uns generell über das Procedere erkundigen. Während des Gespräches wurde eher beiläufig erwähnt, dass es bereits Adoptionen aus den USA nach Österreich gegeben hätte. Nachdem wir durch diverse Urlaubsreisen und einen Studienaufenthalt eine hohe emotionale Nähe zu den USA haben, war für uns klar, dass wir uns diese Adoptionsmöglichkeit näher ansehen wollen.

Dass wir uns schlussendlich für die USA entschieden haben, hängt natürlich auch mit der Tatsache zusammen, dass es im Moment nicht (mehr) viele Länder gibt, mit welchen eine Zusammenarbeit realistisch möglich ist. Auch unsere große Affinität zu den USA sprach dafür. Zusätzlich kam uns die Aussicht auf ein gut geregeltes und transparentes Verfahren sehr entgegen. Je länger man sich mit Adoptionen in den USA beschäftigt, umso mehr erfährt man, dass Internationale- ebenso wie Inlandsadoptionen dort sehr verbreitet und ein ganz normaler Teil des Lebens sind. Adoptionen haben in den USA etwas Alltägliches und auf ihre Art Selbstverständliches.

Nicht zuletzt hat uns die Art und Weise des so genannten „Matchings“, also der Passung zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind, beeindruckt und absolut positiv überrascht. In den USA sind es (zumindest bei Säuglingen) in der Regel die leiblichen Eltern, die die Adoptiveltern auswählen können. Die Behörden treten hier in den Hintergrund, überprüfen aber gleichzeitig den korrekten Ablauf.

Schlussendlich hat natürlich auch die Rechtssicherheit, die ein Staat wie die USA garantiert, unsere Entscheidung für die USA bekräftigt. Für die österreichischen Behörden mussten die Anforderungen nach Haag erfüllt sein, daher mussten wir warten bis die USA das Haager Abkommen per 1.4.2008 in Kraft gesetzt haben. In den Staaten sind wir in die von den USA selbst erstellten Übergangsregelungen gefallen, da wir unsere Pflegestellenbewilligung vor dem 1.4.2008 erhalten haben. Für die Entscheidung, dass unser Antrag in diese Übergangsregelungen fiel, war daher das Ausstellungsdatum unserer Pflegestellenbewilligung und das offizielle Antragsdatum für die Adoption ausschlaggebend.

Wie genau läuft eine Adoption aus den USA ab?

Das Procedere unterscheidet sich von Bundesstaat zu Bundesstaat im Hinblick auf Fristen, erforderliche Aufenthaltsdauer usw. Wir haben unsere Erfahrungen im Staat New York gemacht und so gelten unsere Aussagen nur für diesen Bundesstaat.

Unser erster Schritt war, uns über die Homepage des State Department zu informieren, welche Adoptionsagenturen oder Anwälte nach dem Haager Adoptionsübereinkommen so genannte „accredited bodies“ oder „anerkannte Körperschaften“ sind. Das bedeutet, dass diese Agenturen/Anwälte Adoptionen nach dem Haager Adoptionsübereinkommen abwickeln dürfen. Dem Übereinkommen gemäß gibt es auch eine zentrale Behörde (Central Authority) in Washington, die Adoptionen aber nicht zentral regelt, sondern eine Großteil der Aufgaben an die „accredited bodies“ delegiert hat. Adoptionsagenturen sind entsprechend der Gesetzgebung des Bundesstaates New York ein fixer Bestandteil des Adoptionsprozesses wie es bei uns z.B. die Jugendwohlfahrt der BH ist. Es sind auch die Agenturen, die die Betreuung und Beratung der leiblichen Eltern übernehmen.

Wir haben uns dann zu einer Zusammenarbeit mit einem Anwalt entschieden, der schon diverse Auszeichnungen vom Kongress erhalten hatte und auch in einem Adoptionsforum über die USA vielfach erwähnt wurde. Wir hatten mit dem Anwalt eine längere Telefonkonferenz bei der unsere Fragen ausführlich beantwortet und der Ablauf sehr genau beschrieben wurde. Danach war es an uns die notwendigen Dokumente zusammen zu stellen. Dazu zählen die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden, Strafregisterauszüge, drei Referenzschreiben, ein finanzieller Status, ... aber vor allem auch der sog. „Dear Birth Parent – Letter“ (BPL). Das ist ein Dossier, welches die Adoptivwerber über sich selbst erstellen und das viele Fotos der zukünftigen Eltern und ihrer Familie enthält. Es soll zeigen wie man lebt, welche Erwartungen man an ein Leben mit Kindern hat und dergleichen. Dieser „BPL“ wird den leiblichen Eltern zur Verfügung gestellt. Wir wissen von unserer „Birth Mother“, dass sie neben unseren Unterlagen auch BPL’s von Adoptivwerbern aus den USA und anderen europäischen Ländern erhalten hat. Somit können die leiblichen Eltern selbst entscheiden und in ihrem Sinne das Beste für ihr Kind tun. Wichtig ist dabei, dass der BPL absolut anonym ist und nur Vornamen genannt werden. Es gibt somit vor der Adoption keinerlei Kontakte zwischen leiblichen und Adoptiveltern.

Die Adoption kann in jedem Bundesstaat erfolgen, allerdings gibt es gesetzliche Unterschiede. Beispielsweise mussten wir im Bundesstaat New York eine 30-tägige Frist einhalten, bevor wir mit dem Kind ausreisen durften. In Kalifornien beträgt diese Frist sechs Wochen, in Florida ist sie deutlich kürzer. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass Amerika zwar ein Industriestaat, jedoch kein Sozialstaat ist. Anfallende Kosten für das Kind ab Geburt sind von den Adoptiveltern zu bezahlen. Es kann auch sein, dass die Mutter nicht über eine staatliche Krankenversicherung abgesichert ist. Dann sind ihre Arztkosten ebenfalls von den Adoptiveltern zu übernehmen. Allerdings weiß man diese Dinge im Vorhinein und kann entscheiden, ob man dem „matching“ zustimmt. Im Gegenzug erhält man einige Informationen über die medizinische Vergangenheit der Mutter und ihrer Familie.

Bei unserem Aufenthalt in den USA mussten wir noch den Adoptionsvertrag unterzeichnen, mit Daniel einen Kinderarzt aufsuchen und darüber einen Nachweis erbringen. Weiters hatten wir einen Gerichtstermin beim Familiengericht wahrzunehmen. Im Moment sind wir bis zur so genannten „Finalization“, also dem endgültigen Abschluss der Adoption, Daniels Pflegeeltern. Die rechtliche Obsorge liegt noch bei der Agentur und wir müssen dann zusammen mit Daniel nochmals in die USA reisen, um die Adoption abzuschließen.

Diese Bestimmungen sind jedoch ebenso von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden.

Zurück in Österreich ließen wir einen Post Placement-Bericht erstellen, der über unsere zentrale Behörde in die USA geschickt wird. Dieser Bericht ist erforderlich, damit ein abschließender Gerichtstermin festgelegt werden kann. Zusätzlich mussten wir den Nachweis über eine Krankenversicherung und Fotos beilegen.

Können Sie etwas über die Kinder erzählen, die aus den USA zur Adoption kommen?Können die Werber Wünsche äußern bezüglich Geschlecht und Alter und wie sieht es mit dem Gesundheitszustand der Kinder aus?

Unseres Wissens werden (fast) ausschließlich Säuglinge zur internationalen Adoption freigegeben. Bezüglich des Geschlechtes kann man angeben, ob eine Präferenz besteht.

Gemäß dem oben beschriebenen Ablauf findet das sogenannte „matching“ vor der Geburt statt und nach der Geburt kommt das Baby sehr schnell in seine neue Familie.

Laut unserem Informationsstand werden vorwiegend „African-American“ (afroamerikanische) Kinder und einige „Hispanic“ Kinder (deren Eltern aus Lateinamerikanischen Staaten wie Mexiko, Peru, Puerto Rico eingewandert sind) zur Adoption freigegeben. Wie auch in Österreich, stammen diese Kinder zumeist aus sozial schwierigen Verhältnissen.

Der Gesundheitszustand des Kindes hängt immer vom Gesundheitszustand der Mutter ab. Die betreuende Agentur versucht allerdings, möglichst viele Informationen von der Mutter und deren familiärem Umfeld in Erfahrung zu bringen, beispielsweise ob in der Familie Diabetes oder Herzkrankheiten aufgetreten sind.

Adoptivwerber müssen vorweg angeben, unter welchen Umständen sie einer Adoption nicht zustimmen oder wann Bedenken bestehen (z.B. bei starkem Drogenkonsum der Mutter). Zusätzlich ist in den Unterlagen ausführlich zu beschreiben, warum überhaupt eine Adoption angestrebt wird. Es werden also auch sehr viele "Soft Facts" hinterfragt.

Zu welchem Stichtag sind Sie in die USA gereist? Konnten Sie Ihren Sohn direkt im Krankenhaus abholen?

Wir sind am 26.12.2008 in die USA gereist, nachdem wir am Tag davor den Anruf bekommen haben, dass Daniel am 24.12. geboren worden war. Allerdings flogen wir ohne die endgültige Unterschrift der Mutter zur Adoptionsfreigabe ab. Durch die Ereignisse in den Wochen davor waren wir uns ihrer Zustimmung jedoch sehr sicher. Als wir am Flughafen gelandet waren, erfuhren wir, dass wir Daniel schon abholen können.

Wir nahmen unseren Sohn in der Agentur in Empfang. Die Agentur hatte im Krankenhaus mit der Mutter alle Formalitäten erledigt und er wurde daraufhin in die Obhut der Agentur übergeben. Wir denken, es kommt höchst selten vor, dass Adoptiveltern die Kinder bereits gleich nach dem Krankenhausaufenthalt übernehmen können. Daniel wurde ja bereits zwei Tage nach seiner Geburt entlassen. Die Agenturen empfehlen jedoch, dass die Adoptiveltern erst anreisen, wenn alle Dokumente von der Mutter unterschrieben wurden. Zwischen Spital und Übernahme durch die Adoptiveltern veranlasst die Agentur eine Betreuung des Kindes, welche die Adoptiveltern bezahlen.

Hatten Sie Gelegenheit, mit der leiblichen Mutter Kontakt aufzunehmen bzw. ist in Zukunft ein Kontakt geplant?

Wir haben einige Tage nach der Unterzeichnung der Unterlagen zusammen mit einer Sozialarbeiterin die leibliche Mutter in Abwesenheit unseres Sohnes kennengelernt, da wir uns für eine „halboffene Adoption“ entschieden haben. Es wurde vertraglich fixiert, wann wir Fotos und von uns geschriebene Berichte über die Entwicklung unseres Sohnes an die Mutter schicken. Der Kontakt läuft über die Agentur.

Wie lange hat der Adoptionsprozess gedauert und auf welche Kosten müssen sich Adoptivwerber einstellen, die aus den USA adoptieren wollen?

Wir haben Mitte bis Ende März 2008 mit dem Anwalt Kontakt aufgenommen und uns für eine Zusammenarbeit entschieden. In den folgenden Monaten waren wir damit beschäftigt, die Unterlagen zu sammeln und den „Birth Parent Letter“ zu schreiben. Mitte November erhielten wir die Information über das Matching und am 26.12.2008 konnten wir unseren Daniel bereits in die Arme schließen. Das war ein sehr schneller Prozess. Unseres Wissens sollten Adoptivwerber mit etwa 1,5 Jahren rechnen, aber auch dieser Zeitrahmen ist im Vergleich zu anderen Staaten sehr moderat. Allerdings ist die Dauer des Adoptionsprozesses immer davon abhängig, wie rasch man von einer Birth Mom ausgewählt wird.

Bezüglich der Kosten fiel das Honorar für den Anwalt an, die Kosten der Agentur die die Mutter betreute und die Reisekosten. Wir haben mit unserem Sohn während der 30tägigen Frist in einer Hotel Suite gewohnt. In einigen US Bundesstaaten muss man allerdings 4-6 Wochen vor Ort bleiben, wodurch die Ausgaben steigen. Zusätzlich hängt es immer davon ab, wann der Geburtstermin ist und ob der Aufenthalt der Mutter über die staatliche Krankenversicherung gedeckt ist. Wenn es noch 6 Monate bis zur Geburt sind, können die Belastungen eventuell höher werden.

Haben Sie Erfahrungswerte mit Adoptionen aus den USA seit der Umsetzung der Haager Konvention?

Unsere Adoption wurde in den USA als sog. „Transition Case“ behandelt. Für die österreichischen Behörden wurden deren Anforderungen nach Haag erfüllt. Von nun an gibt es in den USA umfangreichere Prozesse, die uns aber nicht mehr betroffen haben und es kommt zusätzlich noch die oberste Zentrale Behörde in Washington ins Spiel. Das ist aber auf der Homepage des State Department (siehe unten) gut nachzulesen.

Wenn Sie an Ihren Aufenthalt in den USA denken, welche Eindrücke hat das Land bei Ihnen hinterlassen?

Wir konnten sehen, wie offen mit Adoptionen in den USA umgegangen wird. Es wird als äußerst positiv aufgefasst, wenn Birth Parents eine Adoptionsentscheidung treffen. Die Kinder kommen sonst in das sog. „Foster Care System“, d.h. in Pflegefamilien, wo sie aber anders als bei uns die Familie oft mehrfach wechseln müssen und so nicht wirklich ein zu Hause haben.

Was uns ebenfalls angenehm aufgefallen ist, dass die Adoption von anderen Afro-Amerikanern sehr positiv aufgenommen wurde. Wir wurden sehr oft aus heiterem Himmel von Fremden angesprochen, die uns zu dem Kleinen gratuliert haben. Sehr oft waren dies auch Afro-Amerikaner.

Welche Ansprechstellen und Links würden Sie Leuten empfehlen, die sich über eine Adoption aus den USA informieren wollen?

Wir haben viel aus dem US-Adoptions-Forum auf Yahoo erfahren (vorwiegend Teilnehmer aus Deutschland): http://de.groups.yahoo.com/group/USAdo

Weiters haben wir bei USA Urlauben einige Bücher mitgebracht, die sich vor allem mit „transracial adoptions“ beschäftigen.

Empfehlen können wir:

„In their own voices – Transracial Adoptees tell their stories”, von Rita J. Simon & Rhonda M. Roorda, ISBN 978-0-231-11829-3

“Secret Thoughts of an Adoptive Mother”, von Jana Wolff, ISBN 0-9672143-1-9

“Twenty Things Adopted Kids Wish Their Adoptive Parents Knew”, von Sherrie Eldridge, ISBN 0-440-50838-X

Ebenso hilfreich ist die Homepage des US State Departments: http://adoption.state.gov/

Seit April 2008 hat sich auch der Informationsstand in den USA über Adoptionen nach dem Haager Abkommen erhöht.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihre Familie!

Das Interview wurde geführt von Eva Wolfart.
Veröffentlichungsdatum: 20.03.2009