Das Adoptionsverfahren in den USA
Das Adoptionsverfahren in den USA
(Stand März 2009)
Adoptieren in den USA war ganz einfach - leider ist es inzwischen schwieriger geworden. Die Veränderung ergibt sich aus der Anwendung der Haager Konvention in den USA.
Die Haager Konvention sollte eigentlich Verbesserungen und Erleichterungen "guter" Adoptionen bewirken, und hat dies auch in vielen Fällen getan. In Bezug auf die USA bewirken die Regelungen allerdings, dass die Adoptionen schwieriger werden. [Dabei können wir natürlich keine Gewähr dafür übernehmen, dass unsere Aussagen zutreffen, weil wir ja auch nicht mehr selbst direkt betroffen sind. Viel besser und aktueller sind die Leute informiert, die gegenwärtig eine Adoption in den USA durchführen oder vorhaben. Viele Adoptionsbewerber diskutieren ihre Erfahrungen im Forum "USAdo" in Yahoo:
www.yahoo.com -> Groups -> Heim & Familie -> Eltern -> Adoption -> USAdo (zuzeit Nr.11)]
Die Haager Konvention
Die Haager Konvention ist im Grunde sehr positiv zu beurteilen, auch wenn sie für die USA nun möglicherweise dazu führt, dass die Adoptionsvermittlung nach Europa nicht mehr möglich ist.
Ganz allgemein ist die internationale Adoption eine schwierige und rechtlich heikle Angelegenheit. Die Gefahr, dass die Kinder unrechtmäßig ihren Müttern abgenommen werden oder dass es zu einem – überall auf der Welt illegalen – Kinderhandel kommt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Vor allem bei Adoptionen aus Ländern mit schlecht entwickelter staatlicher Kontrolle ist Missbrauch nicht ganz so leicht zu erkennen und schwer zu verfolgen.
Darum hat die internationale Staatengemeinschaft in einem großen Kraftakt die „Haager Konvention“ erarbeitet, in der „gute“ Adoptionen erleichtert werden sollen. Insbesondere sollen Adoptionsbewerber, die sich an die Regeln der Haager Konvention halten, eine möglichst große Rechtssicherheit genießen. Die Haager Konvention ist ein sehr durchdachtes und abgewogenes Regelwerk – für Kinder, Adoptiveltern und für die abgebenden Mütter ist das sicher ein wichtiger Fortschritt.
Die Konvention wurde 1993 erarbeitet und heißt mit vollem Titel so: "Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption" (Convention of 29 May 1993 on Protection of Children and Co-operation in Respect of Intercountry Adoption). Wer sich genauer dafür interessiert, kann sich die Mühe machen, die Protokolle der Konferenzen zu lesen, in denen die Konvention erarbeitet wurde. Diese 54 eng bedruckten Seiten sind abgedruckt im Anhang 2 der Bundesrats-Drucksache 17/01 vom 5.1.01. Man findet sie so: http://dip.bundestag.de darin auf „DIP – Dokumentationssystem…“ klicken. Dann auf DIP-Suchmaschine. Dort „14. Wahlperiode“ einstellen und „Drs 17/01“ eingeben. Suchergebnis aktivieren und „Langfassung“ wählen. Daraufhin erscheint der Ablauf der parlamentarischen Beratungen, wo die Bundesratsdrucksache unter ihrer Nummer direkt anklickbar ist. Der Weg ist weit, aber für den intensiver Interessierten durchaus lohnend.
Die "schlechten" Adoptionen sollten vor allem durch die Bevorzugung der „guten“ Adoptionen bekämpft werden. Die Haager Konvention ist sich bewusst, dass mit Verboten wenig erreichbar ist. "Schlechte" Adoptionen sind daurch gekennzeichtet, dass z.B.
- die Zustimmung der Mutter nicht vorliegt oder unfreiwillig erbracht wurde,
- dass Kinder gegen Geld abgegeben werden,
- dass es nur eine mangelhafte Kontrolle der Adoptionen gibt,
- dass die Adoption ins Ausland erfolgt, obwohl es im Heimatland des Kindes Adoptiveltern gegeben hätte.
Warum die Haager Konvention für Adoptionen aus den USA ein Problem sein kann
Der letzte Punkt im vorangehenden Abschnitt kann wohl das entscheidende Problem sein. Die Haager Konvention setzt sich vor allem mit den Adoptionen in der "Dritten Welt" auseinander: Reiche Europäer oder Amerikaner kommen in diese Länder und adoptieren dort Kinder aus Kinderheimen oder unter Mitwirkung von örtlichen Vermittlern. Die Kinder sind keine Babies mehr, haben bereits eine kulturelle Prägung erfahren und sprechen und verstehen bereits die Muttersprache ihrer Eltern. Je älter die Kinder sind, desto härter ist der Bruch für die Kinder.
Außerdem nehmen die armen Länder es nicht selten als eine Demütigung wahr, wenn Eltern aus reichen Ländern ihnen demonstrieren, dass sie sich selbst nicht um ihre verlassenen Kinder zu kümmern vermögen. Die Auslandsadoption ist in vielen armen Ländern nicht sehr populär; selbst die rumänische Regierung hat schon die Vermittlung von Waisenkindern ins Ausland gestoppt, weil dies innenpolitisch gut ankommt.
Genau an dieser Stelle setzt die Haager Konvention mit einer pfiffigen Regelung an: Vermittlungen ins Ausland sollen nur stattfinden, wenn eine Vermittlung im Heimatland nicht möglich ist. Dafür muss der Vermittler für jedes einzelne Kind nachweisen können, dass er über einige Monate ernsthaft versucht hat, im Heimatland passende Eltern zu finden. Die Regelung ist pfiffig, weil sie für die armen Länder einen Anreiz bietet, ihre Heimat-Adoption zu verbessern, ohne dass die Kinder auf der Strecke bleiben. Solang die Adoption im Heimatland nicht funktioniert, können Kinder auch ins Ausland vermittelt werden.
Für die Adoption US-amerikanischer Kinder durch europäische Eltern kann diese Regel aber ein Problem darstellen: Die USA haben ein bestens entwickeltes Adoptionswesen. Wie in Europa gibt es auch in den USA mehr adoptionswillige Eltern als vermittelbare Babies. Die Agenturen finden darum regelmäßig ein Elternpaar im Heimatland des Kindes - eine Vermittlung ins Ausland scheidet zumindest nach dem Buchstaben der Haager Konvention aus. Sogar eine Vermittlung nach Kanada könnte nach diesen Regeln nicht mehr erfolgen.
Warum es vielleicht trotzdem klappen könnte
Die Regel der Haager Konvention, dass eine Vermittlung ins Ausland nur zulässig ist, wenn eine Vermittlung im Heimatland nicht möglich ist, passt zum Verhältnis zwischen Europa und den USA überhaupt nicht:
- Der von der Haager Konvention beabsichtigte Schutz der Kinder vor kultureller Entwurzelung passt zu einer Neugeborenen-Adoption nicht.
- Die USA und Europa gehören praktisch zur gleichen Kultur. Auch bei älteren Kindern wäre keine Entwurzelung zu befürchten.
- Der Schutz des Heimatlandes des Kindes vor dem "kolonialistischen" Zugriff reicher Ausländer spielt im Verhältnis zwischen den USA und Europa keine Rolle.
- Die Rechtssicherheit der Adoptionsvermittlung in den USA ist sehr hoch; die Entscheidungsfreiheit der abgebenden Eltern ist unter anderem durch Gesetze und gut entwickelte staatliche Kontrolle geährleistet. Wenn die abgebenden Eltern sich bewusst für eine Vermittlung nach Europa entscheiden, sollte dies Vorrang vor den Regeln der Haager Konvention haben.
Diese Punkte werden von den amerikanischen Agenturen unterschiedlich bewertet:
- Die Agentur "Adoption Link", mit der wir Till adoptiert haben, hat sich klar geäußert und schließt gegenwärtig eine Vermittlung nach Europa aus, wenn es nicht um ein leibliches Geschwisterkind eines bereits nach Europa vermittelten Kindes geht.
- Andere Agenturen und Gerichte in anderen Bundesstaaten der USA kommen zu anderen Ergebnissen, weshalb sich ein Nachfragen weiter lohnt. Wir haben gehört, dass die Agenturen zwar für eine internationale Adoptionsvermittlung eine entsprechende Akkreditierung benötigen ("Haag accredited"), dass die Vermittlung nach Deutschland dann aber weitgehend wie bisher verläuft.
Vielleicht setzt sich in Zukunft sogar generell die Erkenntnis durch, dass die Regeln der Haager Konvention in diesen Fällen unpassend sind.
Außerdem kann es natürlich den Fall geben, dass eine Agentur tatsächlich die Buchstaben der Haager Konvention einhält und tatsächlich für ein Baby keine US-amerikanischen Adoptiveltern gefunden hat. Dann dürfte der Vermittlung nach Europa eigentlich nichts im Wege stehen...?
Was außerdem noch möglich sein könnte
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Adoption amerikanischer Heimkinder ("foster care"). Wie praktisch in allen anderen Ländern werden auch in den USA ältere Kinder vermittelt. Für diese Kinder könnte vielleicht der Nachweis gelingen, dass eine Vermittlung in den USA versucht wurde und nicht erfolgreich war. Hier sind vermutlich auch die Wartelisten amerikanischer Adoptiveltern wesentlich kürzer. Natürlich ist dies auch mit speziellen Schwierigkeiten verbunden, aber es gibt auch schon Beispiele, in denen dies gelungen ist.