Comment Anke Hassel on TAZ article
ANKE HASSEL
Gast
22.05.2010, 13:56
Liebe taz,
eine kritische Berichterstattung über problematische Praktiken in der internationalen Adoptionsvermittlung ist wichtig, um diese zu unterbinden. Eine Adoption aufgrund falscher Angaben noch lebender Eltern hat tragische Folgen nicht nur für das Kind sondern auch für die aufnehmende Familie. Wenn dem Vater das Kind wirklich, wie im Artikel angedeutet, von einem Mittelsmann abgeschwatzt wurde, dann ist dies ein Skandal und widerspricht allen Grundsätzen der Adoptionsvermittlung.
Aber die Darstellung von Auslandsadoptionen als „System“ mit den stilistischen Mitteln eines mittelmäßigen Krimis einschließlich einer Frau, die sich ein „schönes Baby“ wünscht, Eltern, die „investieren“, dem Leiter einer Adoptionsagentur mit einer Hautfarbe „die von häufigen Afrikaaufenthalten zeugt“ und Adoptiveltern, die sich in Internetforen verschanzen, ist nicht nur tendenziös sondern wird auch den tatsächlichen Problemen und dem komplexen Thema in keiner Weise gerecht.
In einem Land mit 5 Millionen verwaisten Kindern in Kinderheimen wird der „Markt“ nicht von 47 adoptionswilligen Eltern in Deutschland gesteuert; selbst nicht von den über 2000 in den USA. Über 99,9% dieser Kinder werden in Heimen unter denkbar schlechten Bedingungen und mit miserablen Zukunftsaussichten aufwachsen. Die allermeisten der adoptierten Kinder sind keine „schönen Babies“ sondern ältere Kinder. Sie alle sind durch Verlassenwerden, Hunger, Krankheiten und/oder den Tod der Eltern belastet.
Die hohen Kosten einer Auslandsadoption entstehen gerade, weil Vermittlungsagenturen mit geschultem Personal sowohl die Adoptiveltern als auch die Herkunft der Kinder aufwändig überprüfen und die rechtlichen Verfahren kompliziert sind. Daraus den Umsatz eines „Geschäfts“ zu berechnen, ist gelinde gesagt zynisch.
Adoptionsverfahren brauchen Kontrolle und staatliche Aufsicht. In Äthiopien ist in den letzten Jahren die Zahl der Adoptionen insbesondere in die USA zu schnell gewachsen, um diese Kontrollen umzusetzen. Ein falsches, mitunter auch kriminelles Handeln von Einzelnen droht nun auf alle abzufärben, die mit Auslandsadoptionen zu tun haben. Das hilft niemandem, am wenigsten den betroffenen Kindern.
Anke Hassel
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