Prozess um Kinderhandel geht weiter

29 March 2011

BAD KISSINGEN

Prozess um Kinderhandel geht weiter

Ankläger spricht von menschlicher Tragik

aktualisiert: 29. März 2011

Am Landgericht Schweinfurt wird am Donnerstag ein Prozess fortgeführt, der die Justizbehörden schon rund vier Jahre beschäftigt. Es geht um den Vorwurf des Kinderhandels. Angeklagt sind zwei Frauen aus Hammelburg. Sie sollen im Dezember 2006 ein Baby aus Rumänien ohne rechtliche Grundlage zur Adoption an eine Familie im Landkreis Bad Kissingen vermittelt haben.

Das Amtsgericht Bad Kissingen hatte die beiden Frauen, Mutter und Tochter, im Januar 2009 wegen versuchten Kinderhandels verurteilt. Die heute 59-jährige Mutter bekam eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Ihre heute 30-jährige Tochter wurde wegen des Verstoßes gegen das Adoptionsvermittlungsgesetz einer Ordnungswidrigkeit schuldig gesprochen und sollte ein Bußgeld in Höhe von 120 Euro zahlen.

Gegen dieses Urteil legten beide Frauen sowie die Staatsanwaltschaft Schweinfurt Rechtsmittel ein. Anfang Juli vergangenen Jahres begann am Landgericht die Berufungsverhandlung, bei der auch Betrugsvorwürfe gegen die Frauen in Zusammenhang mit Spendengeldern im Raum standen.

Zeugin belastete Angeklagte

Die Angeklagten bestritten auch in zweiter Instanz, dass eine Adoption jemals beabsichtigt gewesen sei. Diese ist nach rumänischem Recht gar nicht möglich. Die Pflegemutter des heute vierjährigen Mädchens sagte demgegenüber als Zeugin, die 59-Jährige sei über ihren Wunsch nach einer Adoption spätestens während des gemeinsamen Aufenthalts in Rumänien informiert gewesen.

Das Landgericht hatte die Verhandlung im Sommer nach zwei Tagen ausgesetzt. Grund: Die aus Rumänien geladenen leiblichen Eltern des Kindes waren nicht als Zeugen erschienen. „Ohne deren Anhörung kommen wir hier nicht weiter“, so die damalige Vorsitzende Richterin.

Mittlerweile hat ein anderer Strafrichter den Fall übernommen. Er teilte der Main-Post auf Anfrage mit: „Es gibt nun eine beglaubigte Zusage in rumänischer Sprache, dass die leiblichen Eltern zur Verhandlung anreisen werden.“ Ob dies tatsächlich so komme, müsse man abwarten. „Ich bin selbst gespannt.“ Das Gericht wird einen rumänischen Dolmetscher vereidigen.

Die leiblichen Eltern stammen aus einem Ort nahe Temesvar und leben laut der Pflegemutter in ärmlichen Verhältnissen. Wie diese gegenüber der Main-Post immer wieder mitteilte, sei der persönliche Kontakt zu den Eltern schon seit Anfang 2007 abgebrochen.

Sollten die leiblichen Eltern tatsächlich vor Gericht erscheinen, erhält der rechtlich schwierige Fall noch eine emotionale Zuspitzung. Denn laut einer in Bayern ansässigen rumänischen Anwältin soll das Mädchen zu seinen leiblichen Eltern zurückgeführt werden. Die Pflegefamilie aus dem Landkreis Bad Kissingen kämpft seit 2007 um ein dauerhaftes Bleiberecht des Kindes. Die Vierjährige spricht kein Rumänisch und kennt ihre leiblichen Eltern nicht.

Zwei Tage angesetzt

Der mit dem Fall befasste Staatsanwalt erklärte auf Anfrage der Main-Post: „Wir sind uns über die menschliche Tragik im Klaren. Der Ausgang des Strafverfahrens hat aber für das Schicksal des Kindes keine Bedeutung.“ Das Gericht habe ausschließlich den Vorwurf des Kinderhandels zu klären. „Wir legen den Angeklagten zur Last, zu ihrem Eigennutzen gehandelt zu haben und nicht zum Wohl des Kindes.“

Für die Prozessfortsetzung sind zunächst zwei Tage anberaumt. Neben den leiblichen Eltern sollen weitere Zeugen gehört werden, darunter ein Vertreter des Jugendamts Bad Kissingen sowie erneut die Pflegeeltern.